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FREDERIC HIVY ...
Bericht Britzergartenlauf 11.03.2007
Warum zum Teufel klingelt jetzt eigentlich der Wecker? Es müsste doch
Sonntag sein und ich kann ausschlafen. Während ich mich verärgert daran
mache, das Gegröle auszuschalten fällt es mir ein. Heute ist ja der
Britzer Garten Lauf. Na gut. Dann muß ich wohl doch aufstehen. Das ganze
trifft sich eh gut, ich merke nämlich, daß meine Blase über Nacht eine
Party gefeiert haben muß und nun total voll ist. Also entgegen meiner
sonst so morgenmuffeligen Art raus aus dem Bett und erstmal
Erleichterung schaffen.
Danach geht es aber erstmal wieder rein ins Bett. So viel Elan tut dann
am Morgen doch nicht gut und außerdem liegt Petra ja auch noch im Bett.
Mehr als ein paar warme Worte für den bevorstehenden Lauf gibt es aber
nicht, denn wir müssen genau jetzt frühstücken, um noch rechtzeitig vor
dem Lauf mit der Erstverdauung abgeschlossen zu haben.
Es gibt Müsli. Furchtbares Müsli, das mit seinen getrockneten Erdbeeren
eklig schmeckt. Aber es ist ja gekauft, also muß es auch gegessen
werden. Diesmal hab ich eine Banane und etwas Apfel reingeschnippelt, so
geht es, weil die Erdbeeren geschmacklich drin untergehen. Nach der
Hälfte ist mir schlecht. Ich bin halt kein Müslimensch. Ab ins Klo mit
dem Rest. Da freuen sich die Ratten. So tu ich wenigstens noch was für
die Tierwelt. Wie gerne hätte ich ein Brot gegessen, aber inzwischen ist
es zu spät und das würde mir zum Lauf nur noch im Magen rumliegen. Uli
ruft grad noch an. Er muß jetzt schon los, weil etwas bei seiner
Anmeldung schiefgelaufen ist und er nicht in der Meldeliste auftaucht.
Das muß vorher noch geklärt werden. Ob ich nun noch eine Stoppuhr
gefunden habe? Ja klar. Mein gutes Lidl-Pulsuhr-Modell verfügt doch über
eine Stoppuhr, wie ich gestern noch rausgefunden habe.
Jetzt aber schnell anziehen. Was eigentlich? Also kurze Sachen sind
klar. Es werden ja 10 Grad. Aber wie kurz denn nun? Das Löwenhemd ohne
Ärmel, ein normales T-Shirt oder ein T-Shirt mit dem Löwenhemd drüber,
schließlich sollen ja alle sehen wer der ist, der da so sportlich vor
einem läuft und wen man nicht einholen kann. Nach dreimal umziehen dann
die Entscheidung, Löwenhemd zu kalt, zwei Hemden zu warm, es bleibt beim
normalen T-Shirt. Schnell noch was Warmes für die Fahrt übergeworfen und
auf geht's in den Bus zum Lauf.
Was ist hier eigentlich los? Der ganze Bus ist voll und das am Sonntag
Morgen? Liegen normale Menschen jetzt nicht im Bett? Sangerhauser Weg.
Endlich raus aus dem Bus. Übrigens auch alle anderen. Jetzt weiß ich
auch, warum die ganzen Deppen um die Zeit nicht im Bett liegen und warum
sie alle Trainingsanzüge anhaben. Noch mehr von diesen Läufern. Naja,
macht euch schon mal darauf gefasst, nachher hinter mir nur noch meinen
Staub zu schlucken.
Startnummerausgabe. Hier ist ja auch schon Uli. Das hat doch gut
geklappt mit dem Treffen. Also schnell die Nummern geholt und rein in
den Park Richtung Start. Eine halbe Stunde haben wir noch. Also einen
schönen Baum suchen und aus dem Trainingsanzug raus der Menschheit das
Sporthöschen zeigen. Erstmal warmlaufen, das ist wichtig auf dem Weg zur
Bestzeit. Eine kurze Runde, eine mach ich noch, während Uli und Petra
schon wieder Richtung Baum abbiegen. Oha, mein Schienbeinmuskel. Dieses
verflixte Ding wird schon wieder hart. Nur nicht schlapp machen, das ist
erst die Aufwärmrunde. Ab zum Baum und dehnen. Hm, das schmerzt, wenn
man den Muskel am Schienbein zieht. Also den lieber ausgiebig dehnen,
irgendwann wird's schon gehen. Tut's dann zum Glück auch. Inzwischen
sammelt sich das Startfeld. Da gehen wir wohl lieber auch langsam hin
und reihen uns ein. Auf die Plätze, fertig, los - Peng. Noch während wir
auf den Start warten, ist der plötzlich schon vorbei. Wie ging denn das
jetzt so schnell? Zeit zum Überlegen bleibt nicht. Auf geht's auf dem
Weg zur Bestzeit. Ein paar Leute sind auch noch zu überholen, die sich
durch ihr hinterhältiges frühes Aufstellen die vorderen Plätze gesichert
haben. Die ersten 500 Meter geht's im Slalom an den Leuten und riesigen
Blumenkübeln vorbei. Wahnsinn, wie ich die ganzen lahmen Enten überhole,
wenn das so weitergeht bin ich bald erster. Links, rechts, kurz über den
Rasen und wieder links. Wieder drei geschafft. So langsam lichtet sich
das Feld, ob ich die Spitze erreicht hab? Wohl nicht.
Ich erreiche eine Vierergruppe, die ungefähr mein Tempo läuft. Ein
neongelbes Hemd, ein rotes, ein Mädel in blau und noch irgendwer
unauffälliges. Na gut, ihr dürft euch kurz von mir ziehen lassen und in
meiner Erfolgswelle mitschwimmen.
Kurze Zeit später wird mir das aber zu langsam. Ich ziehe an dem
neongelben Hemd vorbei. "Wuuhsch" macht es, und dem neongelben Hemd
zieht es förmlich die Haare nach vorne von meinem Fahrtwind. Die Gruppe
bleibt hinter mir und sieht nur noch meine stahlharten Waden von hinten,
wie sie wie ein Uhrwerk auf dem Weg ins Ziel sind. Nur das Mädel löst
sich mit von der Gruppe und schafft es, an mir dran zu bleiben. Bei
Kilometer drei sind zeigt die Uhr genau 14 Minuten an. Nicht schlecht,
aber vielleicht ein bisschen zu schnell? Quatsch, einfach so
weiterlaufen und das wird eine Spitzenzeit.
Um mich herum wird es immer lauter. Nachdem ich festgestellt habe, daß
das Mädel neben mir ruhig und leise zu atmen scheint fällt mir auf, daß
ich es bin der so laut schnauft. Bei Kilometer 4 habe ich ein einsehen
und lasse die junge Dame, ganz Gentleman, vorlaufen. Warum soll sie sich
neben mir so quälen mitzuhalten. Es ist doch motivierender für sie, wenn
sie das Gefühl hat sie könnte mich abhängen. Ich bin die nächsten
Kilometer generell sehr großzügig und lasse viele Leute an mir
vorbeirennen. Ich war ja nun lange genug vorne. Das verstehe ich unter
sportlicher Fairness! Da ist auch wieder das neongelbe Hemd.
Es geht auf Kilometer 7 zu. Ein rotes Hemd kommt von hinten angelaufen
und fragt mich, ob ich wisse wie weit es noch ist. Da hat sich wohl
einer übernommen denke ich bei mir und sage ihm, gleich kommt Kilometer
7. Wieviel Zeit schon rum ist? Klar, auch das weiß ich, 34 Minuten, ich
bin doch kein Amateur. Das rote Hemd läuft weiter. Ich versuche kurz
dranzubleiben, entscheide mich dann aber dagegen. Soll er sich alleine
übernehmen, ich roll das Feld von hinten auf. Außerdem hatte ich mir
vorgenommen, bei Kilometer 7 wieder anzuziehen, da werd ich doch jetzt
nicht von meinem Plan abweichen.
Kilometer 7 kommt nicht. Hab ich's übersehen? Verdammt. Aber Petra und
Uli sagen nachher, sie hätten das Schild auch nicht gesehen.
Wahrscheinlich hat der Veranstalter es weggenommen, um mich zu verwirren
und den Leuten aus seinem Verein einen Vorteil zu verschaffen. Aber ich
werde ihnen ein Schnippchen schlagen und trotzdem Bestzeit laufen. Ich
nutze die Gunst der absolvierten Kurve und schaue nach hinten. Da ist
Uli. Etwa 60 Meter. Mist, bin ich schon so weit zurückgefallen? Vorhin
hatte ich ihn nicht gesehen. Ein bisschen sollte ich wieder anziehen, es
ist ja auch nicht mehr weit.
Kilometer 8. Irgendetwas unter 39 Minuten. Die Erinnerung an die genaue
Zeit verschwimmt. Vorbei an einem älteren Läufer in grau. "Weiter so,
die Zeit wird unter 49 Minuten", ruft er mir zu. Das weiß ich selbst,
aber nur, wenn ich nicht gleich zusammenbreche du alter Sack. Kümmer
dich um deinen eigenen Scheiß. Ich winke freundlich.
Kurz vor Kilometer 9. Es geht nicht mehr. Kurz umgedreht. Uli ist 10
Meter hinter mir. Den Vorsprung hab ich nicht halten können, die Zeit
muß insgesamt aber ganz gut werden. Eigentlich läufts wie geplant.
Soweit ich die Gedanken noch fassen kann, wechseln sie sich ab. Uli geht
vorbei. Komm mit, zieh, höre ich. "Ich bin durch den bisherigen Lauf
ziemlich kaputt, ich werde daher nicht mit dir mithalten können,
versuche aber, so gut wie möglich weiterzulaufen um eine gute Zeit zu
erreichen. Lauf du aber mal alleine weiter für deine Zeit", will ich
sagen. Heraus kommt ein gekeuchtes "lauf". Der Gedanke zählt.
Die letzte Steigung, danach geht's bergab ins Ziel. Nochmal
Schlussspurt. Wie das plötzlich geht, den Berg runter. Wieso bin ich
nicht nur bergab gelaufen? Fast wär ich wieder dran an Uli, aber die
Kraft reicht nicht, um bei seinem Schlussspurt dranzubleiben. Eine
Sekunde nach ihm gehe ich ins Ziel. 47:46. Ob's gereicht hat fürs
Treppchen? Leider nicht. Aber insgesamt eine gute Zeit. Kurz ein "super"
mit Uli ausgetauscht. Mehr ist im Moment noch nicht drin. Aber kurz nach
den Getränken geht's wieder. Jetzt noch Petra auf ihren letzten Metern
anfeuern und ab nach Hause. Immerhin warten da Weißwürste Brezeln und
vor allem ein schönes, kühles Weizen auf mich.
Na denn, bis zum nächsten Jahr Britzer Garten und nimm dich in Acht,
Birkenwäldchenlauf. Spätestens da wird es dann wohl klappen mit dem
Gesamtsieg. So viel fehlt ja gar nicht mehr.